Zukunft seit 1542.
Die Geschichte des Akademischen Gymnasiums geht zurück auf das Jahr 1542 und ist mit der historischen und bildungspolitischen Entwicklung des Landes Oberösterreich eng verbunden.
▶ Die protestantische Adelsschule
▶ Unter den berühmten Lehrern: Johannes Kepler
▶ Das Jesuitengymnasium
▶ Der ehrgeizige Versuch der Stände, eine Hochschule zu gründen
▶ „Est veritas per effectus demonstrabilis dari Deum“ Barocke Thesenblätter und Jesuitendrama
▶ Naturwissenschaften und „Museum physicum“
▶ Der Weg zum Staatsgymnasium
▶ Schulneubau (1870 bis 1873)
▶ Akademisches Gymnasium
Die protestantische Adelsschule (Landschaftsschule)
Das 16. Jahrhundert war geprägt durch die Wiederentdeckung der Antike in Kunst und Wissenschaft. Renaissance und Humanismus stellten den kreativen und selbstbestimmten Menschen, der sich seiner Möglichkeiten und Verantwortung bewusst ist, in den Mittelpunkt. Dies führte zu einer neuen Selbsterfahrung des Adels, der durch die Annahme des Protestantismus seine politische und religiöse Position gegenüber dem Landesfürsten ausbaute und humanistisches Bildungsgut als Grundlage von Persönlichkeitsentfaltung und Jugenderziehung schätzte.
Im Jahre 1542 berief Christoph von Schallenberg den aus Thüringen stammenden Humanisten Fridericus Lagus zum Lehrer seiner beiden Söhne nach Schloss Luftenberg bei Steyregg. Bald schickten auch andere Adelige wie die Herren von Polheim, Tschernembl, Starhemberg, Geymann und die Jörger ihre Söhne, sodass die Schule 1545 in Enns belegt ist. 1566 überließ Maximilian II. dem Herren- und Ritterstand in Oberösterreich das Minoritenkloster für ihre Adels- oder Landschaftsschule. Nach Abschluss der Bauarbeiten übersiedelte die Schule 1574 in das neu errichtete Linzer Landhaus, wo eine enge Verbindung zur berühmten Bibliothek der Stände, die 1800 durch einen Brand zerstört wurde, bestand.
1624 begann Adam von Herbersdorff im Auftrag von Ferdinand II. die Gegenreformation im Land ob der Enns durchzuführen, die bereits 1599 geschlossene und 1609 von den Ständen wiedereröffnete Schule wurde 1624 endgültig aufgehoben. 1627 stellte der Kaiser den oberösterreichischen protestantischen Adel vor die Alternative des Bekenntniswechsels oder der Emigration.
Unter den berühmten Lehrern: Johannes Kepler
Unter den Lehrern und Direktoren befanden sich berühmte Wissenschaftler, Dichter von neulateinischer Lyrik und Dramen, Theologen und Prediger. Von den Ständen wurde 1612 Johannes Kepler als Kartograph und Lehrer für Mathematik, Philosophie und Geschichte an die Landschaftsschule nach Linz berufen, wo er bis 1626 lebte. 35 Werke entstanden während seiner Linzer Zeit, zwölf wurden auch hier gedruckt. 1619 erschien das Werk „Harmonices mundi“, es ist ein Versuch, einer Welt der Zerstörung und religiösen Intoleranz, wie sie sich in Europa nach dem Ausbruch des 30-jährigen Krieges abzeichnete, die Idee der Harmonie und Ordnung entgegenzusetzen. Während des Bauernkriegs musste Johannes Kepler Linz verlassen.
Das Jesuitengymnasium
Die Jesuiten waren 1600 nach Linz gekommen, eine bedeutende Persönlichkeit unter ihnen war Georg Scherer, Professor des Griechischen und Hebräischen, Hofprediger der Erzherzöge Ernst und Maximilian in Wien, der als Prediger in der Stadtpfarrkirche großen Zustrom hatte und die Gründung eines Gymnasiums vorbereitete. Drei Jahre nach seinem Tode wurde der Plan verwirklicht und 1608 im Benefiziatenhaus der Dreifaltigkeitskapelle in der Hahnengasse ein Jesuitengymnasium gegründet, das gegen die Schwierigkeiten beschränkter finanzieller Mittel und geringer Schülerzahlen zu kämpfen hatte. Für den oberösterreichischen Adel bot die Kooperation mit dem Landesfürsten und den Jesuiten die einzige Möglichkeit, ein Gymnasium weiterzuführen. 1629 wurde die ehemals protestantische Landschaftsschule mit dem Jesuitengymnasium vereint und im mittleren Stock des ehemaligen Schultrakts im Landhaus untergebracht. Das Jahr 1669 zeigt die zunehmende Bedeutung. In der Domgasse konnte das Jesuitenkollegium als eigenes Gymnasialgebäude bezogen werden, gleichzeitig wurde das Lyzeum gegründet. Zusätzlich zu den sechs Gymnasialklassen wurden höhere Studien angeboten, welche philosophische, juristische, theologische und medizinisch-chirurgische Vorlesungen umfassten. Die ersten Ansätze, in Linz eine Universität zu gründen, waren mit dem Wirken des Gymnasiums verbunden.
Der ehrgeizige Versuch der Stände, eine Hochschule zu gründen
Da die Linzer Schule kein Graduierungsrecht besaß, wanderten Studenten ab und setzten ihre Ausbildung an anderen Universitäten fort. Ohne sich mit den Jesuiten vorher ins Einvernehmen zu setzen, richteten die Stände ein entsprechendes Gesuch an den Kaiser. Am 20. April 1674 gewährte Leopold I. der Schule das Recht , die akademischen Grade eines Baccalaureus und Magisters zu vergeben. Diese Urkunde mit dem prachtvollen kaiserlichen Siegel hätte der Grundstein für eine Linzer Universität sein können. Da aber die Jesuiten ein Schwinden der Hörerzahlen an den von ihnen geführten Universitäten in Graz und Wien befürchteten, vereitelten sie den Plan, indem sie von dem Graduierungsrecht keinen Gebrauch machten. Das Ansehen der Schule aber wuchs und viele Studenten stammten aus Bayern, Lothringen und Italien. Besonderes Augenmerk wurde auf Studenten aus den protestantischen Ländern des Nordens gelegt. Um ihnen den Besuch von Gymnasium und Lyzeum zu ermöglichen, wurde ein eigenes Internatsgebäude, das Nordico, angekauft.
„Est veritas per effectus demonstrabilis dari Deum“
Barocke Thesenblätter und Jesuitendrama
„Das Dasein Gottes ist eine Wahrheit, die durch die Wirkungen beweisbar ist“, lautete die 50. These, die der Edle Johannes Gottfried Castner von Sigmundslust aus Wels am Ende seines Philosophiestudiums vor seinem Prüfer zu rechtfertigen hatte. Öffentliche Disputationes, bei denen in lateinischer Sprache feststehende Lehrsätze in Anwesenheit vornehmer Persönlichkeiten verteidigt werden mussten, wurden am Studienende vorgenommen. Zu diesem Anlass wurden großformatige, künstlerisch aufwendig gestaltete Thesenblätter gedruckt. Das besonders berühmte Thesenblatt aus dem Jahre 1716 vereint in barocker Fülle eine Verherrlichung Kaiser Karls VI. (1711–1740) und des Landes Oberösterreich mit einer Darstellung des Jesuitengymnasiums, vor dessen Tor Allegorien auf den Studienbetrieb verweisen.
Zum Schulbetrieb gehörte auch das Jesuitendrama. Schon in der Landschaftsschule kam im Rahmen des Sprach- und Literaturunterrichts dem Humanistendrama große Bedeutung zu. Die Jesuiten entfalteten eine Spieltradition, die ganz im Dienste der Gegenreformation stand. Zu den Festen des Kirchenjahres, Ordensjubiläen, Prämienverteilungen am Schluss des Schuljahres oder bei Kurzbesuchen von Herrschern wurden vor geladenem Publikum Stücke in lateinischer Sprache gespielt.
Naturwissenschaften und „Museum physicum“
Die Ausbildungsziele lagen aber nicht nur im sprachlichen, rhetorischen und künstlerischen Bereich, auch den modernen Naturwissenschaften kam besonderer Stellenwert zu. 1754 gründete der Jesuitenpater Joseph Walcher jene Sammlung von Geräten, die zur Veranschaulichung des Unterrichts diente und bereits im 18. Jahrhundert als besondere Sehenswürdigkeit für Gelehrte bezeichnet wurde. Die Sammlung wurde von Franz X. Racher erweitert, der bis 1800 als Physikprofessor am Lyzeum wirkte, eine erstaunliche Anzahl von Apparaten beschaffte, selbst konstruierte bzw. nach Anleitungen anfertigen ließ. So wurde von dem Fürst Schwarzenbergschen Jäger Johann Jechl aus Krumau das Glanzstück des Museums gebaut, die zirka drei Meter hohe „große und prächtige Elektrische Maschine“, zu der auch vier große Batterien mit je 25 Leydener Flaschen gehörten, die in schön ausgeführten Holzkästen verwahrt wurden. Racher führte auch genaue Inventarlisten über seine Bestände, 1775 waren es 333 Objekte. Die Sammlung befindet sich heute im Linzer Schlossmuseum.
Der Weg zum Staatsgymnasium
1773 wurde der Jesuitenorden aufgelöst, bis 1807 führten Exjesuiten den Unterricht. In diesem Jahr überwies Kaiser Franz I. das Gymnasium dem Stift St. Florian, das Direktor und Lehrkräfte zu stellen hatte.
Die nach 1848 geführte Bildungsdiskussion brachte wesentliche Veränderungen. Die beiden philosophischen Klassen des Lyzeums wurden mit den sechs Gymnasialklassen zum achtklassigen Gymnasium vereint. Den Abschluss des Gymnasiums und die Voraussetzung eines Fakultätsstudiums bildete die Maturaprüfung. Die Erhebung zum Staatsgymnasium erster Klasse und die Übernahme der Lehrer in den Staatsdienst erfolgte 1863. Die Sammlungen der Schule wurden ausgebaut. Prof. Josef Hölzl begründete die Numismatische Sammlung und erweiterte die Autographensammlung, die viele wertvolle Unikate wie Briefe von Adalbert Stifter und Anton Bruckner oder ein Distichon von Franz Stelzhamer enthielt.
Schulneubau (1870 bis 1873)
Der Umstand, dass in vier Gebäuden, im alten Gymnasialgebäude in der Domgasse, im Lyzealgebäude in der Rathausgasse, im Kremsmünstererhaus an der Landstraße (Physikunterricht) und in der Oberrealschule (Turnen), unterrichtet wurde, ließ einen Neubau immer dringlicher erscheinen. Als Bauplätze für einen Neubau wurden acht Areale vorgeschlagen. Das Votum des Lehrkörpers und ein im April 1868 durchgeführter Lokalaugenschein ergaben eine klare Entscheidung für die Parzelle Spittelwiese 772. Planung und Errichtung des Gebäudes wurden dem Wiener Architekten Karl Stattler übertragen, der in der Zeit von 1874 bis 1876 auch den Bau des Musisch-Pädagogischen Realgymnsiums in der Honauerstraße 24 ausführte. Die Maurer- und Steinmetzarbeiten übernahm der Linzer Baumeister Franz Weinberger. Der dreigeschossige Bau mit horizontaler Stockwerkgliederung, Säulenportal, Fries und Statuettengruppe über dem Eingangstrakt entspricht dem Stil der Renaissance. Zu den traditionsreichsten Sälen von Linz zählt der Festsaal, der als Theater- und Veranstaltungssaal, Reservespital und Gymnasialkapelle diente und in dem Generationen von Absolventen ihr Maturazeugnis erhalten haben.
Akademisches Gymnasium
Um die Jahrhundertwende war das Gymnasium eine männliche Domäne, die bevorzugten Studienrichtungen waren Medizin und Theologie. Dennoch gingen von hier für den Bereich der Mädchenbildung wesentliche Impulse aus. Die Professoren des Gymnasiums Dr. Franz Thalmayr und Dr. Franz Würfl hatten wesentlichen Anteil an Organisation und pädagogischer Ausgestaltung des Linzer Mädchen Lyzeums. Die Reifeprüfungen für Mädchen in Oberösterreich wurden von 1907 bis 1914 am Staatsgymnasium abgenommen. Kernthema der allgemeinen Bildungsdiskussion nach 1919 waren Erwachsenenbildung und zweiter Bildungsweg. Professoren des Gymnasiums erarbeiteten Lehrpläne und eröffneten einen Bildungsweg für Berufstätige. Die erste Arbeitermittelschule Österreichs wurde 1928 begründet, in den Lehrräumen des Gymnasiums wurde am Abend unterrichtet.
Zum 400-jährigen Jubiläum der Schule, das 1952 begangen wurde und bei dem eine Aufarbeitung der Geschichte und eine kulturelle Positionierung präsentiert wurden, suchte Direktor Dr. Hubert Razinger um die Verleihung eines Anstaltstitels an, was aber vom Unterrichtsministerium vorerst abgelehnt wurde. Vorgeschlagen wurde der Titel „Kepler Gymnasium“ nach dem bedeutendsten Lehrer, „Reininger Gymnasium“ nach dem aus Linz gebürtigen Philosophen und Universitätsprofessor Robert Reininger, einem berühmten Schüler, der 1887 maturiert hatte, und „Akademisches Gymnasium“. Diesen Titel hatte die Schule von 1796 bis 1854 geführt, durch die 1669 erfolgte Einführung philosophischer, theologischer, medizinischer und juridischer Studien hatte die Schule den Charakter einer Akademie erhalten. Am 12. Februar 1965 wurde auf Bemühen von Direktor Dr. Wilhelm Skarek der Titel (wieder) verliehen. Anlässlich eines Festaktes am 15. März 1965 wurde von Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft die Bedeutung humanistischer Bildung erörtert, die Wertorientierung, Toleranz, Bekenntnis zu Offenheit und Pluralismus und Verantwortung miteinschließt.
Literatur:
Katzinger, Klepp, Marckhgott, Sokolicek: Geschichte des Akademischen Gymnasiums, Linz 1998
Fritz Mayrhofer, Willibald Katzinger: Geschichte der Stadt Linz, Linz 1990
Hans Sturmberger: Das Graduierungsrecht des Linzer Lyzeums, Eröffnungsschrift der Hochschule Linz, Linz 1966
Rudolf Ardelt: Eine Disputation am Akademischen Gymnasium zu Linz im Jahre 1716, 128. Jahresbericht des Akademischen Gymnasiums
Josef Fröhler: Zur Schauspieltätigkeit der Studenten am Linzer Jesuitengymnasium, Jahrbuch der Stadt Linz 1955
Wilfried Nöbauer: Das Museum physicum in Linz, in: Ausstellungskatalog zur 400-Jahr-Feier des Gymnasiums in Linz 1952
Joseph Gaisberger: Geschichte des k.k. Akademischen Gymnasiums zu Linz, Linz 1855
Hermann Schardinger: Die Autographen- und Dokumentensammlung am Akademischen Gymnasium, Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1965